03.05.2024 Tho­mas Gsel­la: “ICH ZAHLS EUCH REIM

Ob es Men­schen sind oder Din­ge, Tie­re oder Viren, Orte oder Zei­ten – Tho­mas Gsel­las neue Gedich­te sind so ernst wie komisch, so wun­der­bar gereimt wie zeit­los und aktuell. 

In einem Inter­view ant­wor­tet Tho­mas Gsel­la auf die Fra­ge: Kann man mit Gedich­ten gegen die Unge­rech­tig­keit der Welt anschrei­ben? »Ja, man kann’s aber genau­so gut auch lassen.«

 

Alle bekom­men ihr Fett weg

Tho­mas Gsel­la im Schultenhof

Der Sati­ri­ker und Lyri­ker Tho­mas Gsel­la las auf Ein­la­dung des För­der­ver­eins Schul­ten­hof in Mett­in­gen. Bei sei­nen Gedich­ten beka­men alle ihr Fett weg.

Von Diet­lind Elle­rich
Mett­in­gen · Sonn­tag, 05.05.2024 — 10:00 Uhr
Der Satiriker und Lyriker Thomas Gsella las auf Einladung des Fördervereins Schultenhof in Mettingen. Anschließend signierte er seine Bücher, „zum Beweis, dass ich da war“.

Der Sati­ri­ker und Lyri­ker Tho­mas Gsel­la las auf Ein­la­dung des För­der­ver­eins Schul­ten­hof in Mett­in­gen. Anschlie­ßend signier­te er sei­ne Bücher, „zum Beweis, dass ich da war“. | Foto: Diet­lind Ellerich

Er erin­ne­re sich nicht mehr an Mett­in­gen, räum­te Tho­mas Gsel­la am Frei­tag­abend ein, doch dank des von ihm signier­ten Beweis­bu­ches, das ihm ein Besu­cher gezeigt habe, wis­se er, dass er schon ein­mal auf Ein­la­dung des För­der­ver­eins Schul­ten­hof Mett­in­gen zu Gast gewe­sen sei. Im Novem­ber 2013 war das, und der Ver­eins­vor­sit­zen­de Peter Hil­len­kamp freu­te sich ein gutes Jahr­zehnt spä­ter, den ehe­ma­li­gen „Titanic“-Chefredakteur erneut begrü­ßen zu können.


Unter dem Titel „Ich zahl’s euch reim“ gab Gsel­la Ein­blick in sein Schaf­fen, unter ande­rem für das „Schwei­zer Maga­zin“, das Ham­bur­ger Maga­zin „kon­kret“ und den „Stern“. Für Letz­te­ren nach eige­nem Bekun­den „nicht mehr so gern, seit er an RTL ver­kauft wor­den ist“.


1200 Gedich­te kün­dig­te Tho­mas Gsel­la sei­nem Publi­kum an und leg­te los, bevor die­ses sich ent­schie­den hat­te, ob es die Vor­ga­be als Dro­hung oder Ver­spre­chen ver­ste­hen woll­te. Die Ver­se kamen mal lei­se und hin­ter­grün­dig, mal lau­ter und unmiss­ver­ständ­lich daher. Sie waren oft ernst und klan­gen hei­ter, ver­lei­te­ten zum Schmun­zeln oder auch zum Lachen, auch wenn Letz­te­res oft im Hals steckenblieb.


Da beka­men alle ihr Fett weg, die „Ein­schlaf­hil­fe Olaf Scholz“ eben­so wie Hubert Aiwan­ger „von der bay­ri­schen NSDAP“. Beson­ders die Libe­ra­len, „die vor­letz­te Gene­ra­ti­on“, waren Gsel­la ein Dorn im Auge. Der FDP-Mann Vol­ker Wis­sing und alle Ver­kehrs­mi­nis­ter vor ihm titu­lier­te der Mann, der sich sel­ber als „Rei­mer“ bezeich­ne­te, als „Minis­ter für Tod im Ver­kehr“, weil sie ein Tem­po­li­mit auf Auto­bah­nen ver­hin­der­ten. Gsel­la zeig­te hin­ter sich im gro­ßen Groß­for­mat ein Foto sei­ner Schwes­ter und sei­ner Nich­te, die vor acht Jah­ren töd­lich ver­un­glückt waren, weil ein Raser sie von der Stra­ße gefegt hat­te. Den Frau­en und Män­nern im Publi­kum stock­te an die­ser Stel­le der Atem, und der oder die eine oder ande­re frag­te sich, wie Gsel­la im Pro­gramm fort­fah­ren konnte.


Er konn­te und nahm wei­ter den Ver­kehr in Deutsch­land aufs Korn. Ob das Auto als liebs­tes Kind der Deut­schen („Das dicke wei­ße Auto und sein Mann“), E‑Bike oder E‑Roller und natür­lich die Deut­sche Bahn inklu­si­ve der Boni für die Vor­stän­de. „Ein Zug war pri­ma, fein, und steck­te sich die Boni rein“.


Auch an den Kom­men­ta­to­ren von Fuß­ball­spie­len arbei­te­te sich Tho­mas Gsel­la ab. Der Erfolg sei­nes Buches „So wer­de ich Heri­bert Faß­ben­der“ habe ihn über­rascht. Er fin­de es sehr lang­wei­lig, ver­si­cher­te er, amü­sier­te sich aber nach wie vor über die Samm­lung der Ver­spre­cher von Faß­ben­der und Co. Ob „Da geht er, ein gro­ßer Spie­ler, ein Mann wie Stef­fi Graf“, „Die Schwe­den sind kei­ne Hol­län­der, das hat man ganz genau gese­hen“ oder „Die Bul­ga­ren wär­men einen Spie­ler auf“, da hieß es nach erns­ten The­men wie Organ­han­del oder im Mit­tel­meer ertrun­ke­ner und ertrin­ken­der Geflüch­te­ter im Publi­kum wie­der durchatmen.


Knapp zwei Stun­den lang prä­sen­tier­te Tho­mas Gsel­la sei­ne Gedich­te – 1200 wur­den es dann doch nicht – in schnel­ler Fol­ge und ließ es sich im Anschluss nicht neh­men, Bücher zu signie­ren. „Zum Beweis, dass ich da war“.

Eigen­be­richt

Ein Abend über Lie­be, Durst und Politik

Tho­mas Gsel­la liest im Schul­ten­hofVon Redak­ti­on IVZ

Mett­in­gen · Don­ners­tag, 18.04.2024 — 14:05 Uhr
Thomas Gsella liest am 3. Mai im Schultenhof.

Tho­mas Gsel­la liest am 3. Mai im Schul­ten­hof. | Foto: För­der­ver­ein Schultenhof

Der För­der­ver­ein Mett­in­ger Schul­ten­hof lädt am Frei­tag, 3. Mai, zu einem Abend über Lie­be, Durst und Poli­tik mit Tho­mas Gsel­la ein. Der ehe­ma­li­ge „Titanic“-Chefredakteur und Robert-Gern­hardt-Preis­trä­ger prä­sen­tiert das Bes­te aus sei­nen Büchern „Lust­ge­dich­te“, „Trink­ge­dich­te“ und „Ich zahl’s euch reim“, schreibt der För­der­ver­ein in einer Pressemitteilung.


Gsel­la reimt wöchent­lich für den „Stern“ und das Schwei­zer „Maga­zin“, monat­lich für die Zeit­schrift „kon­kret“ und den Lebens­ret­tungs­ver­ein Mis­si­on Life­line. Über sei­ne Gedich­te schrieb er: „Sie sind gut, aber leicht. Es ist kei­ne kom­pli­zier­te Ange­ber­ly­rik, sie müs­sen nichts inter­pre­tie­ren, nur lesen oder zuhö­ren, und weil Sie nicht blöd sind, ver­ste­hen Sie alles sofort und kön­nen befreit los­la­chen oder ‑wei­nen, je nach Inten­ti­on des Autors.“ Die­se Leich­tig­keit hat er sich bei den „Titanic“-Dichtern F.W. Bern­stein und Robert Gern­hardt abge­schaut, als deren legi­ti­mer Erbe er heu­te gilt, heißt es in der Mitteilung.


Tho­mas Gsel­la liest am 3. Mai um 20 Uhr im Haupt­haus auf dem Schul­ten­hof in Mett­in­gen. Kar­ten zum Preis von 15 Euro im Vor­ver­kauf sind erhält­lich beim „Bücher­wurm“, Tel. 05452/ 973011, oder in der Tou­rist­info, Tel. 05452/ 5213. An der Abend­kas­se kos­ten die Kar­ten 17 Euro.