Holz ist seine große Leidenschaft. So trägt Francisco Correa Liras Ausstellung, die am Freitagabend im Kunstspeicher des Schultenhofes eröffnet wurde, auch folgerichtig den Titel „u.a. Holz!“. Doch anders, als es der Titel vielleicht vermuten lässt, ist Holz nicht Werkstoff, sondern Thema der Arbeiten des in Chile geborenen Künstlers. Noch bis zum 18. September sind 20 Werke Liras immer samstags und sonntags zwischen 15 und 18 Uhr zu sehen.
„Ich liebe meine Bilder und ich male sehr gerne“, verrät Francisco Correa Lira im Rahmen der Vernissage im Interview mit Bernhard Kötter, der beim Förderverein Schultenhof für den Bereich Kunstausstellungen zuständig ist. Allerdings sehe er sich selbst nicht als großen Künstler; bei ihm spiele eher Fleiß, Geduld und die Freude auf bzw. über ein fertiges Bild eine Rolle. „Ich muss mich bemühen“, erzählt Lira, der nie mehr als vier Stunden am Stück malt – verständlich bei seinen aktuellen Projekten, die aus unzähligen gleichförmigen, stilisierten Bäumen in verschiedener Größe bestehen. Begleitet von klassischer Musik entstehen zunächst Hügel und Himmel, dann Kugeln für die Baumkronen und im Anschluss daran die Stämme – die werden gezählt und erfasst; 16.000 Stück kommen da schon mal zusammen. „Am Anfang habe ich ganz viel Zeit gebraucht“, beschreibt es der Künstler. Drei Monate habe ein Bild da schon mal bis zur Fertigstellung gebraucht. Doch mittlerweile gehe es schneller dank passendem Rhythmus und entsprechender Technik.
Angeordnet auf einer Hügel- bzw. Berglandschaft zeigen die Bilder die Monotonie einer menschengemachten „Wald“-Landschaft auf: Monokulturen, soweit das Auge reicht; eine ambivalente Situation, die den Künstler gleichermaßen fasziniert wie abstößt. „Ich habe die Bilder bewusst verhässlicht“, meint Lira und ergänzt: „Keine schöne Landschaft eigentlich.“ Dabei habe Chile auch wunderschöne Urwälder, in deren üppigem Grün man keiner Menschenseele begegne. Die vermisse er manchmal, so der Künstler.

“Andenkonferenz” heißt dieses Bild, das sich mit Holz als Möbelwerkstoff auseinandersetzt. | Foto: Claudia Ludewig
Chile sei ein Land mit sehr viel Forstwirtschaft, beschreibt Francisco Correa Lira, der seit 1990 in Deutschland (derzeit in Bonn) lebt, aber regelmäßig seine alte Heimat bereist, sein derzeitiges Hauptmotiv. Ein Muss auf jedem Bild: Vulkane, mal eindeutig als solche erkennbar, mal erst auf den zweiten Blick im Hintergrund zu identifizieren. Doch könnten diese Bilder auch durchaus in anderen Ländern angesiedelt sein, erläutert der Künstler auf der Vernissage anhand eines im Obergeschoss gehängten Bildes: Der Rahmen aus aufgemalten Zäunen – an den Ecken durchlässig, damit Flüchtlinge hindurch können, wie Lira mit einem leichten Augenzwinkern sagt – spiele auf die Grenze Mexiko-USA zur Zeit der Trump-Präsidentschaft an. Politische Botschaften sind, bei genauerer Betrachtung, also durchaus in etlichen Bildern Liras zu finden, so auch bei einigen Werken aus dem Erdgeschoss, die Holz in seiner Verwendungsform als Möbel oder Palette zeigen. Hier stellt sich die Frage: Hat hier gerade noch jemand gesessen? Wird hier gleich eine Konferenz stattfinden?
Wer beim Betrachten der Bilder auch auf die Jahreszeiten ihrer Entstehung achtet, stellt fest: Francisco Correa Lira setzt sich jeweils über einen längeren Zeitraum mit einer bestimmten Thematik auseinander. Zwischen 2006 und 2022 entstanden die gezeigten Werke, wobei die Möbelstücke älteren, die Monokulturen im Obergeschoss jüngsten Datums sind. Was auf den ersten Blick ein wenig platt wirken mag, liefert bei genauerer Betrachtung viel Stoff zum Spekulieren und Philosophieren: Was tun, beispielsweise, die fünf Männer auf dem an der Treppe gehängten Bild? Warum haben vier der fünf recht gleichförmig wirkenden Gestalten die Hände auf dem Rücken verschränkt, während die mittlere Gestalt – für den Betrachter nicht sichtbar – ihre Hände vor den Körper hält?
Mit dieser Ausstellung hat der Förderverein Schultenhof eine kleine, aber feine Schau sicherlich ungewöhnlicher Bilder nach Mettingen geholt. Nach 2002 ist Francisco Correa Lira zum zweiten Mal im Kunstspeicher zu sehen – da Liras Frau gebürtige Mettingerin ist, ein naheliegendes Unterfangen. Und der Künstler ist auch gleich weiter eingebunden: Beim „Künstlerdorf“, das ebenfalls an diesem Wochenende auf dem Schultenhof stattfand, war Lira mit Malkursen für Kinder und Erwachsene vertreten.