26.04.2024 Trio Picon mit Asal Kari­mi als Quartett

20 Uhr im Haupthaus

Jid­di­sche Musik mit Schwung und Leichtigkeit

Trio Picon und Gei­ge­rin Asal Karimi

Mit jid­di­sche Musik zwi­schen gren­zen­lo­ser Lebens­lust und uner­schüt­ter­li­cher Hoff­nung begeis­ter­ten das Trio Picon und die Gei­ge­rin Asal Kari­mi rund 100 Besu­cher im Schultenhof.

Von Sun­hild Salaschek
Das Trio Picon und die Geigerin Asal Karimi begeisterten am Freitagabend im Schultenhof die Zuschauer mit jiddischer Musik.

Das Trio Picon und die Gei­ge­rin Asal Kari­mi begeis­ter­ten am Frei­tag­abend im Schul­ten­hof die Zuschau­er mit jid­di­scher Musik. | Foto: Sun­hild Salaschek

Sehn­suchts­vol­le Tan­go­lie­der, rasan­te Klez­mer­mu­sik, dazu ein Schuss Folk­lo­re: Das alles boten das Trio Picon und die Gei­ge­rin Asal Kari­mi am Frei­tag auf dem Schul­ten­hof. Mit die­sem Ensem­ble hat­te der För­der­ver­ein Mett­in­ger Schul­ten­hof wie­der ein­mal einen Voll­tref­fer gelan­det, denn das Quar­tett begeis­ter­te bei sei­nem Kon­zert jid­di­scher Musik auch mit bewun­derns­wer­tem Schwung und musi­ka­li­scher Leich­tig­keit. Immer wie­der strahl­te es die gren­zen­lo­se Lebens­lust und uner­schüt­ter­li­che Hoff­nung aus, von der die­se Musik geprägt ist.


Die Grup­pe eröff­ne­te den Abend mit einem dra­ma­ti­schen Tan­go­lied der jid­disch-ame­ri­ka­ni­schen Song­wri­te­rin Mol­ly Picon, die sich das Trio wegen ihrer uner­müd­li­chen Ener­gie und Zuver­sicht zur Namens­pa­tin gewählt hat. Mol­ly und das Trio Picon haben ihre Wur­zeln in Ost­eu­ro­pa und sind mit jid­di­scher Kul­tur und Tra­di­ti­on bes­tens ver­traut, und das ver­mit­tel­te das Ensem­ble höchst unter­halt­sam. Die Band­lea­de­rin Ramo­na Koz­ma unter­strich ihren aus­drucks­vol­len Gesang in jid­di­scher, pol­ni­scher und sogar tür­ki­scher Spra­che selbst mit den pas­sen­den Klän­gen auf dem Akkor­de­on. Die melo­di­sche und rhyth­mi­sche Beglei­tung über­nah­men Han­nah Heu­king (Kla­ri­net­te) und Micha­el Zim­mer­mann (Heli­kon-Tuba).


Natür­lich dreh­te sich viel um die Lie­be – wenn sie gren­zen­los begeis­tert und wenn sie uner­füllt bleibt. Im Lau­fe des Abends ver­dich­te­ten sich die Aus­sa­ge­kraft der Tex­te und die Inten­si­tät der Musik, ent­spre­chend wuchs die Begeis­te­rung des Publi­kums. Bei der nun auch aus­führ­li­che­ren Mode­ra­ti­on erfuh­ren die Besu­cher so man­ches über die Nöte und das Brauch­tum der Juden im 20. Jahr­hun­dert in War­schau, Bue­nos Aires, New York und Istanbul.


Dabei leb­te die­ses Kon­zert auch durch viel musi­ka­li­sche Abwechs­lung, mal sang Heu­king zusätz­lich zu ihrem Spiel, mal ver­mit­tel­te Kari­mi einen Hauch ira­ni­schen Lebens­ge­fühls, das man nur auf der per­si­schen Kamant­sche aus­drü­cken kön­ne. Oder Zim­mer­mann wech­sel­te von sei­ner gewal­ti­gen Tuba zur zar­ten Uku­le­le, sei­nem klei­nen Schätzchen.


Nur Koz­ma blieb dem Akkor­de­on und ihrer präch­ti­gen Stim­me treu und bot dabei eine fan­tas­ti­sche Büh­nen­prä­senz. Da gab es nicht nur ein­mal den pas­sen­den Augen­auf­schlag, etwa als im Lied ein Lieb­ha­ber sei­ne Treue­schwü­re bricht und die Ver­las­se­ne ihm nicht ein­mal böse sein kann: „Ich hab dich zu viel lieb“. Ein ander­mal füg­te die Sän­ge­rin in den tra­di­tio­nel­len Song eine wei­te­re Stro­phe ein: „Wenn man Geld hat, hat man alles. Man ist schön, obwohl man vor­her häss­lich war / man ist klug, obwohl man vor­her dumm war / man kann Prä­si­dent wer­den – in Ame­ri­ka, hab ich mir sagen lassen.“


Die Begeis­te­rung der fast 100 Besu­cher war gewal­tig. Als sich Heu­king am Ende des Kon­zerts als gebür­ti­ge Mett­in­ge­rin oute­te, gab es end­gül­tig kein Hal­ten mehr. So über­re­de­te das Publi­kum die Spie­ler auch nach der Zuga­be noch zu einem „aller­letz­ten Stück“. Trotz aller his­to­ri­schen und aktu­el­len Pro­ble­me ging es guten Mutes nach Hau­se. Ein gran­dio­ser Abend.

Eigen­be­richt: Drei Frau­en aus drei Städ­ten,- mit drei Instru­men­ten plus Stim­men, tref­fen sich zu einem musi­ka­li­schen „Tria­log“ und haben sich dabei viel zu erzäh­len. Gemein­sam inter­pre­tie­ren sie Lie­der und Instru­men­tal­stü­cke, wel­che, von War­schau bis nach Tehe­ran, aus meh­re­ren „Musik­wel­ten“ ent­sprin­gen, aber etwas Essen­zi­el­les gemein­sam haben: sie spre­chen den Musi­ke­rin­nen direkt aus der See­le. Die Akkor­deo­nis­tin und Sän­ge­rin Ramo­na Koz­ma (Bie­le­feld) und die Kla­ri­net­tis­tin Han­nah Marie Heu­king (Han­no­ver) spie­len bereits seit vie­len Jah­ren zusam­men Reper­toire aus den Berei­chen Klez­mer, Tan­go und „Bal­kan­beats“ in den Ensem­bles Trio Picon und dem Koz­ma Orke­star. Aus­ge­zeich­net wur­den sie dafür u.a. durch einen „Creole“-Preis und För­de­run­gen vom Kul­tur­se­kre­ta­ri­at NRW. Der Drit­te im Trio ist Micha­el Zim­mer­mann mit sei­ner Tuba. Asal Kari­mi (Ham­burg) ist eine viel­sei­ti­ge, klas­sisch aus­ge­bil­de­te Gei­ge­rin, die in Tehe­ran auf­wuchs und in zahl­rei­chen Kam­mer­mu­sik-Ensem­bles mit Barock‑, Klas­sik und Neu­er Musik, sowie mit tra­di­tio­nel­ler ira­ni­scher Musik