Warum die neue Ausstellung im Kunstspeicher „Wasserfarben“ heißt, hat der Künstler, der die Werke gemalt hat, bei der Vernissage schnell erklärt. „Ich verwende Wasserfarben, selbst bei den großen Bildern“, stellt Walter Borgerding zunächst nüchtern fest. Und zeigt dann auf seine Werke, die Blicke auf die Natur und − auf Wasser – eröffnen.
Faszination für Wasser
Handelt es sich auf dem Bild „(Auto-)Spuren“ um eine Pfütze, ist es bei anderen das Meer. „Ich bin gerne im Wasser“, begründet der 68-Jährige seine Faszination für das Element, das ihn ebenso wie die Natur allgemein seit seiner Kindheit prägt und die es zu hegen und zu pflegen gilt. „Die Natur ist der Ast, auf dem wir sitzen“ und zu einem politischen Thema geworden, macht der Künstler aus Düsseldorf deutlich.
Das Malen sei sein Versuch des Bemühens um ein neues Verhältnis zur Natur, fährt Borgerding fort und erläutert seine Vorgehensweise. So habe er eine Leinwand in ein Flussbett gelegt, sie der Natur ausgesetzt. Was ihn nach ein paar Tagen „beim Abholen“ erwartete, habe er nicht gewusst. Regen, Schlamm und Laub hatten in diesem Fall ein Übriges getan, bevor er mit einem weiß bemalten Autoreifen über die Leinwand gefahren sei und die entstandenen Spuren weiterentwickelt habe. „Das Ergebnis mit den gefiederten Strukturen hat meine Erwartungen noch übertroffen“, räumt Borgerding ein. Über das Bild „(Auto-)Spuren“, dem das Foto einer zerrissenen Teerstraße zugrunde liegt, entspinnt sich unter den Gästen eine muntere Diskussion, ebenso wie über die beiden Bilder, in denen der gebürtige Coesfelder Watt-Szenarien darstellt.
Unpersönliche Strukturen lassen Interpretationsspielraum
Die „ganz anonymen unpersönlichen Strukturen“, die die Wellen erzeugt hätten, habe er durch „menschenartige Lebewesen“ ergänzt. Diese lassen die einen an die im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlinge denken, während die anderen das Bild mit Schwimmübungen auf dem Trockenen assoziieren. Ihm sei die politische Note nicht bewusst gewesen, klärt Walter Borgerding auf, gibt aber zu, dass man ja mitbekomme, was los sei, wenn man mit offenen Augen und Ohren durch die Welt gehe.
Das Bild daneben beschreibt die gleiche Situation im Watt, betrachtet von fröhlichen Urlaubern. „Die Menschen wissen gar nicht, was da lauert“, gibt der Künstler zu bedenken. Das sei ja das Spannende, sagt Bernhard Kötter vom Förderverein, der die Diskussion zwischen dem Künstler und seinem Mettinger Publikum moderiert. „Sobald man ein Bild frei gibt, schießen die Interpretationen ins Kraut“, ist Borgerding bewusst, dass alle Betrachtenden zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen. Ihm gefalle aber die Kommunikation über sein Werk, lädt der Künstler ein zu schauen und ins Gespräch zu kommen.
Er habe es sehr selten erlebt, dass sich so viele ehrenamtlich Engagierte für ein Thema einsetzen, wandte sich Walter Borgerding ausdrücklich an die Aktiven des Fördervereins Mettinger Schultenhof. Er dankte ihnen, dass alles reibungslos über die Bühne gegangen sei. Diese freute das Kompliment, aber Bernhard Kötter räumte auch ein, dass dem Team das Kennenlernen der Künstler, die Vorbereitung der Ausstellungen und die Hängung der Werke Spaß mache.
Die Ausstellung „Wasserfarben“ im Kunstspeicher ist bis 19. Dezember samstags und sonntags jeweils von 15 bis 18 Uhr geöffnet.
„„Das Ergebnis mit den gefiederten Strukturen hat meine Erwartungen noch übertroffen.“