Archiv 2020

Eine packen­de Familiengeschichte

TV-Schau­spie­ler Chris­ti­an Ber­kel im Schultenhof

von Diet­lind Ellerich

200 Besu­cher ver­fol­gen am Sams­tag­abend die Lesung von TV-Schau­spie­ler Chris­ti­an Ber­kel im Schultenhof.

Damit sorg­ten sie für einen star­ken Auf­takt in das neue Ver­an­stal­tungs­gro­gramm des För­der­ver­eins Mett­in­ger Schultenhof.

Auf Ein­la­dung des För­der­ver­eins Schul­ten­hof war der Schau­spie­ler Chris­ti­an Ber­kel zu Gast in Mett­in­gen. Er las aus sei­nem Roman „Der Apfel­baum“, in der er sei­ne Fami­li­en­ge­schich­te über drei Gene­ra­tio­nen Revue pas­sie­ren lässt. Geduld war am Bücher­tisch gefragt, wo Ber­kel wie am Fließ­band signierte.

Mit einem star­ken Auf­takt star­te­te der För­der­ver­ein Mett­in­ger Schul­ten­hof am Sams­tag in sein neu­es Ver­an­stal­tungs­pro­gramm. 200 Besu­cher ver­folg­ten den Auf­tritt des Schau­spie­lers Chris­ti­an Ber­kel. Der 62-Jäh­ri­ge las nicht nur aus sei­nem Buch „Der Apfel­baum“, son­dern mahn­te auch nach­drück­lich, „auf unse­re Spra­che zu ach­ten“. Es fan­ge immer mit der Spra­che an, sag­te er zum in Euro­pa zuneh­men­den Antisemitismus.

Über die Spra­che wer­de der Boden geeb­net und Tole­ranz geschaf­fen, „und dann kom­men die Taten“, for­der­te er sein Publi­kum auf, bei ver­ba­len Ent­glei­sun­gen Flag­ge zu zei­gen. Noch vor weni­gen Jah­ren habe er den heu­ti­gen Rechts­ruck in Euro­pa für „abso­lut unmög­lich“ gehal­ten. Offen geäu­ßer­ter Anti­se­mi­tis­mus wie die „Vogelschiss“-Aussage des ehe­ma­li­gen AfD-Bun­des­spre­chers Alex­an­der Gau­land im Bun­des­tag sei „extrem erschreckend“.

Ber­kels kla­re Kan­te liegt auch in sei­ner Fami­li­en­ge­schich­te begrün­det, die er im Buch „Der Apfel­baum“ beschreibt. Der Sohn einer Halb­jü­din hat­te lan­ge wenig über sei­ne Ver­gan­gen­heit gewusst. „Es woll­te nie­mand wirk­lich dar­über spre­chen“, erin­nert er sich. „Der Apfel­baum“ ist im Herbst 2018 erschie­nen und das Ergeb­nis jah­re­lan­ger inten­si­ver Recher­chen. Für ihn sei­en die Lücken und Leer­stel­len in sei­ner Geschich­te viel­leicht eben­so prä­gend gewe­sen wie die Din­ge, die ihm bekannt gewe­sen seien.

Ich ver­su­che zu erzäh­len, wie es dazu gekom­men ist“, macht der Schau­spie­ler und Autor deut­lich, dass das Gesche­hen des Romans nur an die Fami­lie Ber­kel ange­lehnt und kei­ne Bio­gra­fie sei. „Wer wann wo gewe­sen ist, ist Fami­li­en­ge­schich­te, was die Figu­ren im Ein­zel­nen erlebt und emp­fun­den haben, ist natür­lich fik­tio­nal“, erklärt er den Zuhö­rern. Gebannt folg­ten die­se der Lesung aus dem Buch und den Erklä­run­gen über sei­ne Vorgehensweise.

Die einen ken­nen Chris­ti­an Ber­kel aus Fil­men wie „Der Unter­gang“, „Ope­ra­ti­on Wal­kü­re“ oder „Ing­lou­rious Bas­ter­ds“. Ande­re ver­fol­gen seit Jah­ren sei­ne Ermitt­lun­gen als Haupt­kom­mis­sar Bru­no Schu­mann in der ZDF-Serie „Der Kri­mi­na­list“. Wer von der Ver­gan­gen­heit sei­ner Fami­lie gewusst oder bereits gele­sen hat­te, ist am Sams­tag umso beein­druck­ter von der Geschich­te, vor allem aber von Ber­kels Auf­tritt in der Die­le des Schul­ten­hofs. Ein­dring­li­che Schil­de­run­gen über die Besu­che bei sei­ner an Demenz erkrank­ten Mut­ter vor weni­gen Jah­ren oder über deren Erleb­nis­se wäh­rend des Kriegs im Sam­mel­la­ger Gurs in den fran­zö­si­schen Pyre­nä­en trei­ben man­chen die Trä­nen in die Augen.

Beson­ders die Prä­senz von Ber­kels sono­rer, geschul­ter Stim­me und der Facet­ten­reich­tum, mit dem
 er die Figu­ren sei­nes Romans zum Leben erweckt, machen im Publi­kum Ein­druck. Das zeigt sich in
der Wahl der Attri­bu­te von „groß­ar­tig“ bis „wun­der­bar“, mit denen die Besu­cher den Abend beschrei­ben.
 Aber auch in der lan­gen War­te­schlan­ge am Tisch der Buch­hand­lung „Bücher­wurm“, wo der Autor
 in der Pau­se und nach der Lesung wie am Fließ­band signiert. „Wenn sie wis­sen wol­len, wie es wei­ter­geht,
 es gibt da hin­ten noch Mög­lich­kei­ten“, sagt Ber­kel am Ende der Lesung schmun­zelnd mit Blick
auf den Bücher­tisch.  „Die Geschich­te geht gut aus, sonst wäre 
ich nicht hier, um sie zu erzäh­len“, ver­sucht er dem Grau­en, das sei­ne Eltern Sala und Otto erlebt haben, ein wenig den Schre­cken zu nehmen.